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Land will Wasserpreise drücken

Hessen zahlen bundesweit am meisten für Trinkwasser / Kartellbehörde schreckt vor Verfügungen zurück

Hessen ist bundesweit Spitzenreiter, wenn es um die Preise für die Trinkwasser geht. 13 hessische Wasserversorger sind mit ihren Preisen unter den Top 30 im Bundesgebiet, gegen acht von ihnen laufen Kartellverfahren. In Wiesbaden und Darmstadt wurden die Wasserpreise bereits gesenkt.

VON MICHAEL GRABENSTRÖER

Wiesbaden · 10. September · So viel wie in Hessen zahlen die Einwohner in keinem anderen Bundesland für Trinkwasser. Landesweit liegt der durchschnittliche Preis für einen Vier-Personen-Haushalt bei 1,92 Euro pro Kubikmeter plus Mehrwertsteuer. Im Flächenland Baden-Württemberg, mit Hessen vergleichbar, belief er sich laut hessischem Wirtschaftsministerium im vorigen Jahr auf 1,77 Euro.

"Die Wasserpreise sind in vielen Regionen Hessens sehr hoch und müssen sinken", lautet nun die Forderung von Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU). Unter den 30 teuersten Wasserversorgern Deutschlands befinden sich 13 Unternehmen aus Hessen, deren Namen das Wirtschaftsministerium nicht nennt.

Acht Kartellverfahren eingeleitet

Gegen acht der Versorgungsmonopolisten leitete das Ministerium schon vor zwei Jahren ein förmliches Kartellverfahren ein. Das sind die Versorger in Wetzlar, Herborn, Gelnhausen, Frankfurt, Kassel, Gießen, Oberursel und die Kreiswerke Hanau.

Die unterschiedlichen Preise führen zum Beispiel dazu, dass die Menschen in Hanau viel weniger für ihr Wasser zahlen als die Verbraucher in umliegenden Orten: Die Stadtwerke Hanau verlangen 1,77 Euro pro Kubikmeter, die Kreiswerke Hanau aber 2,30 Euro.

Doch setzt die Behörde im Kartellverfahren eher auf zähe Preisverhandlungen als auf knallharte Verfügungen. Verfügungen kann die Kartellbehörde, die im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist, grundsätzlich erlassen. Doch die Behörde hält die Verhandlungsstrategie für erfolgreicher, als eine Untersagungsverfügung zu veranlassen und sich dem anschließenden Marsch durch die Gerichtsinstanzen auszusetzen.

In einigen Regionen Hessens liegt der Wasserpreis um 50 Prozent über dem vergleichbarer Gebiete in anderen Bundesländern. "Das ist keine Seltenheit", sagte Rhiel. Er verwies aber auch auf Verhandlungserfolge in Wiesbaden und Darmstadt, wo die Wasserpreise um neun beziehungsweise sieben Prozent gesenkt wurden. Im oberen Rheingau sollen sie nach Verhandlungen vom kommenden Jahr an um elf Prozent sinken, liegen aber auch dann noch deutlich über zwei Euro.

Kritisch beobachtet von der Kartellbehörde werden nur die Kommunen, die ihre Wasserversorgung über Eigenbetriebe oder Versorgungsunternehmen abwickeln und Preise erheben. "Für Städte und Gemeinden, in denen Gebühren für die kommunale Wasserversorgung erhoben werden, bin ich nicht zuständig", sagt Kartellwächter Hermann Daiber, der den Wasserjob im Ministerium allein macht. Das fällt in die Zuständigkeit der Kommunalaufsicht und der Rechnungsprüfungsämter.
 

Wirtschaftlich nicht zu begründen

Manche Wasserpreise sind rein wirtschaftlich nicht mehr zu begründen, davon ist man im hessischen Wirtschaftsministerium mit Blick auf die Abschreibung von Wasserleitungen überzeugt. Zwar sei der Abschreibungsbedarf von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich hoch. Zahlreiche Leitungen, bereits vor Jahrzehnten verlegt und längst abgeschrieben, sprudelten jedoch noch genau so frisch wie am ersten Tag.

Siehe unten den Kommentar !

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004
Dokument erstellt am 11.09.2004 um 00:10:11 Uhr
Erscheinungsdatum 11.09.2004 | Ausgabe: S | Seite: 36
 


 

Eigener Zusatz :
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Das Wassergeld in der Stadt Alsfeld betrug im Jahr 2003 :

    1,93 Euro je cbm Wasser,
+ 0,77 Euro Zählergebühr je Monat
+ 7 % MWST

Die Abwassergebühr betrug :

   2,76 Euro je cbm Abwasser (= Wasser)
 

KOMMENTAR

Teures Nass

VON MICHAEL GRABENSTRÖER

Der Preis ist heiß! Was die Versorgungspreise beim Wasser in Hessen betrifft, ist das Bundesland einfach Spitze. 13 Wasserversorger unter den Top 30 der Hochpreisanbieter in der Bundesrepublik, das macht Hessen so schnell keiner nach. Trinkwasserpreise de Luxe - das muss Hessen erst einmal erklären. Auch anderswo gibt es Flächengemeinden, schwierige geographische Bedingungen und Mittelgebirge. Und auch anderswo wird Wasser aus Uferfiltrat gewonnen.

Zwar reden derzeit alle über die Anhebung der Preise für Strom und Gas, beklagen die Macht der Monopolisten. Selbst der Kanzler in Berlin will sich bei einem Energiegipfel des Problems annehmen. Doch beim Wasser demonstrieren die kleinen örtlichen und regionalen Monopolisten in Hessen - denn Konkurrenz gibt es so gut wie nicht - ihre Macht.

Das hessische Wirtschaftsministerium müht sich zwar in zähen Verhandlungen. Aber das reicht nicht: Was dem Kanzler recht ist, müßte dem hessischen CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch billig sein. Wie wäre es mit einem kleinen hessischen Wassergipfel?

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004
Dokument erstellt am 11.09.2004 um 00:09:52 Uhr
Erscheinungsdatum 11.09.2004 | Ausgabe: S | Seite: 36
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Nachtrag: Aktualisierung : 

Wählen Sie auch die aktuellere Seite www.meinepolitik.de/wasserpr.htm mit dem Titel „Kostbares Nass - Bundesgerichtshof: Wasserpreise zu hoch“ von U. Knapp, K. Kühn und F. Schuster“, die in der FR vom 03.02.2010 erschienen ist.